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Das ist misslungene Taktik und keine Transformation in den Mobilitätsmarkt der Zukunft

Spieltheoretisch kann diese „Ich will aber“-Taktik nur im kompletten Desaster enden. Die europäische Autoindustrie hat die Entwicklung zur E-Mobilität nicht nur verschlafen, sondern alles versucht, sie zu verhindern. Dazu war jedes Mittel recht, auch die Einflussnahme auf die EU sowie die nationalen Regierungen und nicht zuletzt die Öffentlichkeitsarbeit. So wurden und werden E-Autos systematisch diskreditiert, der Aufbau von Infrastruktur behindert und die Regulierung von Verbrennern sowie Emissionen verzögert.

In der Öffentlichkeit werden aber Narrative von angeblich die Industrie schädigenden Regierungen, dummer Politik, nicht Machbarkeit der E-Mobilität sowie deren hohe Kosten so tief verankert und durch nicht wenige Multiplikatoren aus „Wissenschaft“ sowie der Politik selbst unterstützt, dass der europäische Verbraucher jetzt „überraschend“ zögert. Hinzu kommt noch, dass selbst die interessierteren und tatsächlich technologieoffenen Verbraucher nicht so dumm sind, die Preispolitik zu akzeptieren.
Nun „warnt“ man vor dem, was man selbst herbei geredet hat, klagt über schwache Zahlen in Europa, wo man hoffte, doch noch punkten zu können bzw. das jetzt so dringend bräuchte. In den kompetitiven Märkten hat man hingegen keine relevanten Anteile mehr und sagt offen, dass man mit deren Preisen nicht mithalten kann – äh, will, versteht sich. Alles selbstbestimmt, schon klar.

Bereits auf Produktebene wird das sehr schwierig, denn die Schlüsseltechnologien lauten Software und Batterie. Bei letzterer besteht die Hoffnung, dass den führenden E-Auto-Herstellern mit derzeit eigenen Batteriesystemen bald die Zulieferer der reinen Batterie-Szene etwas gleichwertiges entgegen setzen, so dass VW&Co sich aus dem Regal bedienen können, wie es das Geschäftsmodell vorsieht. CATL&Co werden die aus der Misere vielleicht raus holen – aber bei der Software? Die ersten geben klein bei und kooperieren mit Google. Möglich, dass wir bald ein Android für Autos sehen, das von autonomer Navigation bis zum Fahr- und Batteriemanagement alles leistet, was Tesla&Co derzeit selbst realisieren.

Möglich, dass der Automobilmarkt der Zukunft dem der Smartphones von heute ähneln wird. Sehr wenige „vertikal“ aufgestellte Hersteller mit Schlüsselkompetenzen im eigenen Haus und Hunderte, die brave Hardware zusammenschrauben und mit Google-Software, dem neben Apple einzigen Giganten im Smartphone-Markt, bestücken.

Mit dieser „ich will aber“-Taktik wird sich keine Strategie ergeben, die Europäer in dem Markt über eine Schrauber-Rolle positioniert. Selbst die großen Auto-Enthusiasten unter den unabhängigen Analysten gehen davon aus, dass es für europäische Massenhersteller keine Zukunft gibt. Die wird allenfalls noch im Luxus-Segment gesehen, wo Marke, Leistung, Design zählen.

Also wenigstens ein paar Apple-Autos aus Europa? Ich habe da meine Zweifel, aber vielleicht unterschätze ich Porsche, Daimler & Co – würde mich aufrichtig freuen, aber meine Erfahrungen in der Digitalisierung sprechen dagegen. Die konsequente Transformation zu einem Technologiekonzern mit IT-Kompetenz im Kern und diversifizierten Geschäftsmodellen, die nicht damit enden, dass ein Stück Hardware vom Band läuft, kann ich bei keinem Europäer erkennen. Bereits diese Grundkonzepte digitaler Geschäftsmodelle haben sie nicht verstanden, geschweige denn eine Interpretation für den Mobilitätsmarkt der Zukunft gefunden.

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