Mein kleiner Weihnachtsgruß mit den negativen Strompreisen erstmals für 24h hat wenig überraschend in vielen Foren Diskussionen über den Strompreis ausgelöst. Wie immer streiten sich dabei die „Experten“ von allen Seiten mehr oder weniger unversöhnlich. Besonders freut es mich, wenn ich dabei auch belehrt werde, wie das funktioniert.
Dazu passt ein Beitrag, den ich im Juli dieses Jahres auf Basis einer Analyse von Mitte 2022 geschrieben hatte. Der ist leider noch vollständig aktuell, denn weder hat sich an der Zusammensetzung des Preises etwas geändert, weder ist das Design unseres Markts reformiert worden, noch ist es in der breiteren Öffentlichkeit wirklich bekannt. Auch meine Kritik an unserem Kenntnisstand und der Art, wie wir dieses politisch vielleicht sogar bis zu Wahlentscheidungen erhitzte Thema diskutieren, ist aktuell.
Fakt ist: Wir hatten bis zur Energiepreiskrise Mitte 2021 Steuern und Abgaben als dominierende Preiskomponente. Seitdem ist es alleine der Gaspreis. Der ist zwar auf ein Band von +50% bis +100% des Vorkrisenniveaus zurück gekommen, dominiert damit aber immer noch. Es ist aber absehbar, dass bald wieder die Steuern und Abgaben wichtigste Komponente werden, da hier „Preisbremsen“ enden und die alten Regeln schrittweise wieder wirken sollen. Fakt ist aber auch: Es sind ganz alleine die Erneuerbaren, die dem Beschaffungspreis täglich einen Dämpfer geben und daher einen – zu geringen – Beitrag zur Preisentlastung leisten. Deshalb war der 24.12.23 ein kleines Weihnachtsgeschenk und mehr hatte ich auch nicht behauptet!
Wir sind auf dem Weg zur Rückkehr in das Preissystem vor der Krise, wobei der Gaspreis wohl das erwähnte erhöhte Niveau nicht mehr verlassen wird. Die Endpreise werden also noch eine ganze Weile hoch bleiben. Mit der Erzeugung hat das immer weniger zu tun, denn die Preisdifferenz zwischen Gaspreis und Erneuerbaren weitet sich eher sogar aus. Die meisten haben zwar inzwischen irgendwas von „Merit-Order“ gehört, aber was man dazu an Kommentaren liest, lässt teilweise das Hirn frösteln. Was für eine unverändert weitgehend durch Unkenntnis dominierte öffentliche Kakofonie!
Vor allem wird es sofort parteipolitisch diskutiert, mal sind die Grünen schuld, mal die Fossilisten und dann wird natürlich immer behauptet, Kernenergie sei dabei irgendwie relevant. Nein, ist sie nicht, weder wurden Leitungen für billigeren Strom „verstopft“, noch „das Angebot verkürzt“ – die Abschaltungen hatten schlicht genau gar keinen Preiseinfluss. Ändern kann sich das nur, wenn jemand so bescheuert sein sollte, tatsächlich neue AKWs in Deutschland zu bauen – dann und nur dann wird es nämlich nach Jahrzehnten der durchschnittlichen Preisdämpfung in der Erzeugung endlich auch in dem Segment mal wieder teurer werden.
Eine besonders traurige Unkenntnis, denn: Das System ist von allen Parteien – lediglich aus unterschiedlichen Motivationen – stets so gewollt gewesen. Das ist in ganz Europa absolut typisch, Energiemärkte in Europa sind massiv politisch/staatlich gestaltete Märkte, es gibt nirgendwo in Europa einen auch nur näherungsweise freien Energiemarkt.
Manche Länder nutzen diese Märkte zur Erhebung von Steuern und Abgaben, so Deutschland, so Dänemark, sie erzeugen also hohe Energiepreise. Manche tun genau das Gegenteil, so Frankreich, so Ungarn. Daher: Wer in Europa Energiepreise vergleicht, diskutiert über politische Preise und nicht über die Unterschiede der Herstellung.
Wenigstens das könnte mal enden und diese vollkommen sinnentleerten Statista-Preisvergleiche oder Bild et al. „wir haben die höchsten Strompreise der Welt“-Parolen zum schweigen bringen. Haben wir nicht! Die höchsten Strompreise haben Länder mit hohen Anteilen von Kraftwerksstrom, Punkt. Wir liegen da im Mittelfeld, die Dänen und Skandinavier haben die günstigsten Preise, Bild, Statista et al. liefern dazu an Erkenntnis: Das Gegenteil von Erkenntnis!
Es geht vielmehr um Steuerpolitik und Energiepreispolitik. In manchen Ländern finanziert der Energieverbraucher staatliche Aufgaben, in anderen Ländern finanziert der Steuerzahler Teile des Energieverbrauchs. Was besser ist, muss diskutiert werden, es geht um Nutzen und Lasten in einer Gesellschaft. Darüber MUSS sie streiten, wir aber streiten nur über Stuss, Desinformationen und abenteuerlich dummes Zeug!
Es ist absolut angezeigt, über den Strompreis zu reden. Aber endlich richtig. Die Politik sollte in allen Parteien zur Kenntnis nehmen, dass es sich in einer Demokratie schwerstens rächen kann, wenn man intransparente Politik macht, vor allem, sobald es ums Geld geht. Das geht gar nicht, eine so inhomogene Gesellschaft wie unsere muss verstehen, worum es geht, sonst lässt sich jeder beliebige Streit durch Populisten in jede beliebige Richtung drehen.
Wenn es richtig daneben geht, werden bei uns politische Kräfte mit dem Versprechen auf billige Kernenergie gewählt, die danach fossile Kraftwerke länger als notwendig laufen lassen und uns insgesamt in einer teuren – für andere ertragreichen – Welt von Kraftstoffen so lange wie möglich halten wollen.
Will das wirklich eine Mehrheit? Das glaube ich keine Sekunde!