Liebe Anhänger von Hans-Werner Sinn,
da ihr mich wegen meiner Kritik an Prof. Sinn bevorzugt auf nicht öffentlichen Wegen anschreibt – und nicht selten beschimpft – erlaube ich mir eine öffentliche Antwort.
Nein, das FIAT-Geldsystem schafft kein Geld aus dem Nichts. Es schafft Geld gegen Kredit und die Verpflichtung, den zu tilgen. Das war in allen Geldsystemen schon immer so. Neu ist, dass dieses Geld bei der Tilgung des Kredits wieder verschwindet. Was soll daran falsch sein?
Nein, die Aussage, es sei möglich eine Geldmenge zu bestimmen, die „richtig“ ist und zu keiner Inflation oder Währungsverlusten führe versus einer, die das bewirke, ist falsch. Es ist sogar höchst unterschiedlich, ob das überhaupt etwas mit der Geldmenge zu tun hat.
Richtig ist vielmehr, dass es auf die Verwendung des Geldes, also der gewährten Schulden ankommt. Verhindert ein Staat beispielsweise in einer Krise Insolvenzketten, die den maximal möglichen ökonomischen Kollateralschaden bedeuten, ist das richtig. Baut er Infrastruktur, Bildung, Energieversorgung aus, ist das richtig. Subventioniert er Energiepreise, auch noch weil die zu stark steigen, ist das falsch. Flickt er mit Schulden gar Löcher in seinem Altersvorsorgesystem, ist das ein doppeltes Verbrechen an kommenden Generationen. Kurz: Es kommt halt drauf an, aber nicht auf die Menge, das ist hilflos veralteter Käse.
Nein, Target2 ist kein Kredit an den Süden. Es ist ein technischer Bilanzposten in der EZB, der gar nicht existieren würde, wenn die EZB den Zahlungsverkehr zentralisiert hätte. Der Saldo gibt Einblicke in Ungleichgewichte der Euro-Zone. Das war’s. Wenn der Euro zerfällt, haben wir ganz andere Themen als diesen Bilanzposten und …
Nein, der deutsche Steuerzahler wird wie kein anderer Steuerzahler ganz sicher nicht die Bilanz der Notenbank auszugleichen haben.
Nein, die aktuelle Inflation ist ein komplexes und multiples Geschehen, das seinen Ursprung in der protektionistischen Politik von Trump hat, der anders als Obama nicht mehr versuchte durch Freihandelsabkommen gegen China vorzugehen, sondern durch eine Abschottung des eigenen Marktes. Daraus resultieren erste Störungen der Globalisierung, die durch Corona beschleunigt wurden – und dann kam Putin dazu, die OPEC pennt auch nicht etc. Richtig ist, dass zeitgleich massive Nachfragestimulation durch Staaten und Notenbanken erfolgte. Diese aber als Inflationsursache zu bezeichnen, ist genauso falsch, wie hier die Lösung zu erhoffen, denn …
Nein, unser Thema heißt nicht Inflation, sondern Stagflation und das ist verteufelt viel schwieriger. Nur, weil Hans-Werner das in seiner „Vorlesung“ so nennt, heißt es nicht, dass er darüber spricht. Gerade für die Notenbanken ist das eine schwierige Balance und wir sollten hoffen, dass sie damit professioneller umgehen, als Hans-Werner. Nur so viel: So richtig easy wird das nicht und euer Anspruch, man müsse (und könne) immer alles richtig machen (wenn man nur auf Hans-Werner hört, ist mir klar) könnte einer Enttäuschung entgegen gehen.
Abschließend: Nein, eine Rückkehr zum Goldstandard, einer eigenen Währung, der Bundesbank und eine Abschaffung der Globalisierung, von China sowie der Inflation zugleich, bei voller Wohlstandswahrung versteht sich, ist keine Idee, die von tieferer Durchdringung komplexer Zusammenhänge zeugt.
Daher liebe Freunde von Hans-Werner hier ein alternativer Beschäftigungsvorschlag: Versuchen, sich an den eigenen Hosenträgern nach oben zu heben, hoffen, dass es nicht allzu weh tut und täglich über die Fortschritte berichten. Irgendwann klappt das schon!
Liebe Grüße und nochmals danke für eure anregenden Zuschriften