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CoroNews 14.01.2020

Das RKI fordert eine Verschärfung der Maßnahmen. Covid-19-geläuterte Ministerpräsidenten stimmen uns darauf ein, mit bis zu zwölf weiteren Wochen zu rechnen, bevor über Lockerungen zu sprechen ist. Derweil geht der Streit um Schulöffnungen auf der Ebene der Länder weiter und Wirtschaftsverbände tun, wofür sie bezahlt werden: Vor weiteren Schließungen warnen.

Keine der Forderungen kann durch angemessene Informationen belegt werden. Das RKI beruft sich nun auf Modellrechnungen. Mangels bewertbarer Ist-Daten über den Verlauf der Epidemie sowie der Einschätzung der bisherigen Maßnahmen ist das leider notwendig. Das RKI ist dabei nur der Bote, denn den unverändert desolaten Zustand der Test- und Dateninfrastruktur haben die Länder zu verantworten.

Wenn ich diese Daten und ihre mangelhafte Nutzbarkeit kritisiere, so ist zu beachten, dass Befürworter von Lockerungen, Schulöffnungen oder Weiterführung von Betriebsstädten noch weniger Grundlage für ihre Behauptungen haben.

Ein Land tappt weiter im Nebel, verursacht durch eine Testinfrastruktur, die auch in der zweiten Woche des Jahres nicht auf die Füße kommt. Natürlich ist die Einschätzung des RKI, aufgrund der unsicheren Lage nun zu einer Verschärfung zu raten, vollkommen richtig. Wir wissen, dass bei dieser Epidemie jedes rechtzeitige Handeln belohnt und jeder Verzug doppelt bestraft wird. Insofern ist es folgerichtig, bei einem ausbleibenden Beweis exponentiell sinkender Zahlen eine Nachbesserung zu verlangen.

Das RKI kann dabei leider nur auf Modellrechnungen sowie auf die Analyse von Mobilitätsdaten zurückgreifen – unglücklich ist das trotzdem, zumal parallel stereotyp weiter die Infektionsdaten gemeldet und daraus dann auch noch so ein mathematisch sehr „empfindlicher“ Wert wie R berechnet wird. Kommunikativ lernen die wenig dazu und wir dürfen uns nun bereits darauf freuen, wie die festgefahrenen Meinungs- und Interessenforen in den kommenden Tagen auf diesen Vorstoß reagieren werden.

Zwischen den Zeilen ist zu lesen, dass man nach mehreren Nachweisen der UK- und Süd Afrika-Mutanten auf dem europäischen Kontinent inklusive der von der Kapazität viel zu geringen Nachverfolgungen in Deutschland kaum überraschend davon ausgehen muss, es auch bei uns mit diesen Varianten zu tun zu bekommen. Da die UK-Mutation bis zu 70% schneller in ihrer Übertragung und die aus Süd Afrika biologisch schädlicher- vor allem für Jüngere – ist, kann man den Ausführungen von Wieler inhaltlich nur zustimmen. Umso wichtiger wäre es, wenn das nicht auf ein komplett zerstrittenes Publikum in Öffentlichkeit und Politik träfe.

Wie fulminant sich die UK-Mutante entwickeln kann, sehen wir im folgenden Chart. In Irland sind in kaum mehr als zehn Tagen die Infektion auf das sechsfache gestiegen – bei bestehenden Auflagen, wenngleich jenseits eines Lockdown. Immerhin erkennen wir inzwischen sowohl in Irland als auch im UK, dass auch diese Varianten zu bändigen sind – je früher, desto besser.

 

Für eine bessere Kommunikation in Deutschland wäre es zudem wichtig, die bisherigen Maßnahmen besser bewerten zu können. Die Akzeptanz von weiteren Maßnahmen dürfte einfacher erreichbar sein, wenn man die bisherigen besser einordnen könnte. Trotz der unverändert mäßigen Datenlage will ich das daher versuchen.

Ich beginne mit den zumindest einigermaßen zuverlässig erfassten Sterbezahlen, die sich leider trotz unklarer Nachmeldungen auch im Wochenmittel auf einen Wert oberhalb von 1.000 pro Tag bewegt haben. Dabei hoffe ich allerdings immer noch, dass es sich um sehr viele Nachträge aus den Tagen von Weihnachten bis zum Jahresbeginn handelt, so dass wir tatsächlich unterhalb der 1.000 liegen. Aber die von mir mal geschätzten 800 pro Tag als Peak sind es gewiss, vermutlich auch mehr. Das werden nur Epidemieforscher noch herausfinden können – bei der aktuellen Notlage unseres Datensystems gibt es für Genauigkeit keine Kapazitäten.

Um diesen Daten eine noch größere statistische Glättung zu ermöglichen, findet sich hier ein Chart mit 14-tägiger Umrechnung. Selbst dann ist exakt mit dem 24. Dezember noch eine „Delle“ erkennbar, für die es außer den beginnenden Feiertagen und dem damit verbundenen Einbruch der Meldungen durch die Ämter keinerlei Erklärung gibt.

Nimmt man also an, dass die mit der zweiten Januar-Woche „plötzlich“ hochschnellenden Werte sich tatsächlich in dieser niemals existierenden Delle verteilen, kann man tatsächlich drei Trends antizipieren, die mit entsprechenden Linien angedeutet sind: Bis Mitte November den Nachlauf des viel zu steilen Anstiegs im Oktober, der auch den Zusammenbruch des Testsystems zu Folge hatte. Bis recht genau Weihnachten den flacheren Nachlauf des demnach durchaus wirksamen, aber unzureichenden Lockdown light und Weihnachten dann der erste Beginn einer noch nicht klaren Abflachung aufgrund des verschärften Lockdowns. Ich hatte genau das bei meiner Analyse vom 24. Dezember bereits vermutet und zumindest dieser Trendwechsel könnte sich bestätigen.

 

Leider kann man über diesen Verlauf ab Weihnachten aufgrund der ohnehin bereits zu dem Zeitpunkt nicht mehr zuverlässigen Infektionszahlen sowie der dann eingebrochenen Sterbezahlmeldungen nur noch spekulieren. Schaut man auf die ebenfalls der langfristigen 14-Tage-Glättung unterzogenen Infektionsdaten, so erkennt man noch klarer den Anstieg im Oktober. Der vermeintliche Seitwärtstrend im November hat ziemlich sicher nicht statt gefunden, sondern ist dem Zusammenbruch des Testsystems zuzuordnen. Man erkennt aber auch hier exakt an Weihnachten einen Trendwechsel, bei den Infektionen jedoch zu fallenden Daten. Das kann in den Sterbefallzahlen ab Weihnachten natürlich noch nicht erkennbar sein, aber frühere Muster bei der Epidemie zeigen, dass nach einem Lockdown zunächst mit einigen Tagen Verzug die Neuinfektion kippen und die Sterbezahlen sich verlangsamen, bevor diese dann auch kippen.

Wir dürften hier durch Weihnachten und Silvester vielleicht noch ein paar gesonderter Störfeuer zu befürchten haben, die dieses Muster verzögern, aber trotzdem kann spekuliert werden, dass wir den Peak der Infektionen kurz nach dem Lockdown gesehen haben und den der Sterbezahlen ca. ab Mitte Januar erwarten dürfen. Auch das ist konform zu früheren Analysen mit anderen Methoden als dieser 14-Tage-Glättung.

 

Wie steil die Zahlen durch den zweiten Lockdown gesunken sind und nach den Feierlichkeiten weiter fallen, ist noch keineswegs klar. Dazu habe ich ergänzend meine Berechnung der täglichen Veränderung der Intensivbelegung aktualisiert. Hier sieht man als Bestätigung der oben genannten Spekulationen, dass wir nach dem gegen Ende Dezember feststellbaren Wechsel in einen Abwärtstrend seit dem 11. Januar in einen Seitwärtstrend gewechselt sind.

Zu beachten ist, dass es sich hierbei um die täglichen Wachstumsraten handelt. Die Belegung geht weiter zurück, aber der Rückgang beschleunigt sich nicht mehr, er bleibt konstant. Da die Intensivbelegungen mit kürzerer Verzögerung auf die Infektionen reagieren als die Sterbefälle, könnte dieser Seitwärtstrend recht genau die Vermutung von vorübergehenden Mehrinfektionen an den Feiertagen bestätigen. Immerhin würden wir dadurch „nur“ einen vorübergehenden Stopp weiter fallender Infektionen erkennen und keinen erneuten Anstieg.

 

Zusammenfassend komme ich zu der Bewertung, dass wir wie bereits zuvor beschrieben mit dem Lockdown light eine Reduzierung des Wachstums und durch den Lockdown ein Kippen in einen noch unklaren Rückgang erreicht haben, der durch die Feiertage wohl kurz unterbrochen wurde.

Das dürfte unverändert ab Mitte Januar zu einem Kippen der Sterbefallzahlen führen, also in den kommenden Tagen. Welches Niveau die Sterbefallzahlen am Peak tatsächlich hatten, ist derzeit nicht mehr relevant. Sie werden zudem noch einige Zeit als Nachläufer der Feiertage auf hohem Niveau bleiben, bevor sie erkennbar sinken. Gegen Ende Januar wird man das besser bewerten können.

Die bisherigen Maßnahmen hatten also durchaus Erfolg, vermutlich aber zu geringen. Einer Verbreitung der bereits bekannten Mutationen können sie gewiss nicht Einhalt gebieten. Insofern stützen auch diese spekulativ/analytischen Überlegungen die Aussagen des RKI. Es ist mir aber wichtig, zu erwähnen, dass die bisherigen Maßnahmen durchaus ihre Wirkung hatten!

Abschließend ein Blick auf den Verlauf der Impfungen. Ich habe an der Stelle meinem Kommentar über den strategisch zu kleinteiligen Aufbau der Herstellungskapazitäten nichts hinzuzufügen. Wie in diesem Kommentar aber bereits vermutet, zeigt sich aktuell, dass wir nicht mal in der Lage sind, den vorhandenen Impfstoff zu verwenden. Bekanntlich ist bisher weniger als ein Drittel der vorhandenen Menge verwendet worden. Dass es dabei zu anfänglichen Schwierigkeiten kommt, bis die Infrastruktur ans Laufen kommt, wäre zu akzeptieren. Aber das folgende Chart zeigt, dass wir immer noch nicht in der Lage sind, die tägliche Kapazität zu steigern. Es oszilliert um die 45.000 Impfungen pro Tag.

 

Das muss deutlich gesteigert werden, denn diese langsame Entwicklung ist nicht auf einen Mangel an Impfstoff zurück zu führen. Der Vergleich zu anderen Ländern zeigt, dass wir hier keinesfalls auf dem Niveau sind, das wir von uns erwarten sollten. Dieser Vergleich misst nicht die unterschiedliche Verfügbarkeit von Impfstoffen, sondern deren Verwendung. Auch hier liegt Israel weit vorn.

 

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